Steuerliche Anreize für gesunde Ernährung fehlen
Deutschland berücksichtigt bei der Besteuerung von Lebensmitteln und Getränken deren gesundheitlichen Wert nicht, so das Robert-Koch-Institut (RKI). Andere europäische Länder besteuern etwa zuckerhaltige Getränke, um den Konsum zu senken. Laut RKI gibt es erste Hinweise darauf, dass solche Maßnahmen wirksam sind.
Das RKI hält fest, dass sich Lebensmittel und Getränke für eine gesunde Ernährung hinsichtlich des Umsatzsteuersatzes nicht von Lebensmitteln und Getränken unterscheiden, die das Risiko für nichtübertragbare Erkrankungen erhöhen: Seit 1990 gilt in Deutschland für alle Lebensmittel, einschließlich Obst, Gemüse, Süßigkeiten und Fleischwaren der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 %. Im Gegensatz dazu gilt für Getränke, einschließlich Mineralwasser, Fruchtsäfte und zuckerhaltige Erfrischungsgetränke, der allgemeine Umsatzsteuersatz. Dieser ist in den letzten 30 Jahren von 14 % auf 19 % gestiegen.
Gesunde Ernährung für alle
Die Empfehlung der Fachleute des RKI lautet deshalb, die Besteuerung von Lebensmitteln entsprechend ihres gesundheitlichen Werts vorzunehmen, damit Preise so verändert werden, dass eine gesunde Ernährung für die gesamte Bevölkerung möglich ist, insbesondere für finanziell schlechter gestellte Menschen.
Meta-Analyse zeigt Hinweise auf Wirksamkeit von Steuern
Als Begründung verweist das RKI unter anderem auf eine systematische Übersichtsarbeit, die die Wirksamkeit von Steuern auf zuckerhaltige Erfrischungsgetränke untersucht hat. Die Meta-Studie zeige, dass die Steuern bzw. die erhöhten Preise wie beabsichtigt wirkten und mit einem Rückgang der Verkäufe um 15 % einhergingen. Mit Hinweis auf eine weitere wissenschaftliche Arbeit macht das RKI auf europäische Staaten aufmerksam, die bereits solche Steuern erhoben haben (Norwegen, Finnland, Belgien, Großbritannien, Irland, Frankreich, Spanien, Portugal, Ungarn).
Breites Bündnis schließt sich Empfehlungen an
- Bereits seit 2007 würden Verbände wie die Deutsche Diabetes Hilfe und die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) analog zur Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Besteuerung zuckerhaltiger Getränke und den Wegfall der Mehrwertsteuer für Obst und Gemüse empfehlen, so das RKI.
- In seinem Gutachten „Politik für eine nachhaltigere Ernährung“ (2020) empfiehlt der Wissenschaftliche Beirat des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (WBAE) unter anderem die Einführung einer Verbrauchssteuer auf alle zuckerhaltigen Getränke, die in linearem Verlauf am Gehalt an freiem Zucker orientiert ist und stufenweise erhöht wird.
- Der 2023 erstmals vom Deutschen Bundestag eingesetzte Bürgerrat „Ernährung im Wandel: Zwischen Privatangelegenheit und staatlichen Aufgaben“ kommt in seinem Gutachten unter anderem zu dem Schluss, dass auf bestimmte Lebensmittel wie etwa Hülsenfrüchte, Nüsse und Vollkorngetreide sowie Mineral- und Tafelwasser keine Mehrwertsteuer mehr erhoben werden sollte. Außerdem solle die Definition von Grundnahrungsmitteln überarbeitet werden, damit z. B. Zucker nicht mehr dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegt.
Quellen
- Robert Koch-Institut. Lebensmittelbesteuerung. Gesundheitsberichterstattung des Bundes. 2025 [zitiert: 2. Oktober 2025] Verfügbar auf
https://gbe.rki.de
- Politik für eine nachhaltigere Ernährung: Eine integrierte Ernährungspolitik entwickeln und faire Ernährungsumgebungen gestalten.
WBAE-Gutachten
- Deutscher Bundestag –
Bürgerrat Ernährung
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Weiterführende Informationen
- Nationale
Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten