Brasilianisches Schulmädchen lacht in die Kamera.
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Schulessen in Brasilien – Kostenlos für 40 Millionen Kinder

Die School Meals Coalition stellt regelmäßig Praxisbeispiele seiner Mitgliedsstaaten vor, um bewährte Verfahren zur Schulverpflegung aufzuzeigen. Mit Brasilien präsentiert sich ein Land, das seit Jahrzehnten eines der weltweit größten kostenlosen Schulverpflegungsprogramme durchführt.

Brasilien gehört zu den Ländern mit höherem mittlerem Einkommen und ist mit 26 Bundesstaaten plus Bundesdistrikt föderal organisiert. Die vielfältige und etwa 213 Millionen Menschen zählende Bevölkerung identifiziert sich selbst überwiegend als braun (44 %), weiß (43 %) oder schwarz (9 %).

Ernährungsunsicherheit

Wie in vielen Ländern weltweit hat sich auch in Brasilien Ernährungsunsicherheit während und nach der COVID-19-Pandemie insbesondere bei einkommensschwachen Familien verstärkt. Neuere Erhebungen zeigen, dass etwa 37 % der Haushalte mit Kindern im Alter von 0 bis 17 Jahren betroffen sind. Für Deutschland nennt die im 15. DGE-Ernährungsbericht veröffentlichte MEGA_kids-Studie, dass knapp 15 % der Bevölkerung armutsgefährdet ist, darunter insbesondere Kinder und Jugendliche, Alleinerziehende und Familien mit drei und mehr Kindern. Fast ein Viertel dieser Haushalte kämpft mit moderater oder starker Ernährungsunsicherheit.

Schulessen in Brasilien: Seit 1955 kostenlos

Das nationale Schulverpflegungsprogramm wurde 1955 auf Bundesebene implementiert und umfasst alle Bildungsbereiche beginnend bei früher Bildung in Kindergarten und Vorschule bis zu Grund-, weiterführenden und berufsbildenden Schulen. Zunächst zielte das Programm als nationale Strategie insbesondere auf die Bekämpfung von Ernährungsunsicherheit ab, heute sind Gesundheitsförderung und die Bekämpfung von Fehl- und Mangelernährung weitere Zielsetzungen. Das im Bundesbildungsministerium angesiedelte Programm wurde mehrfach ausgebaut, u. a. wurden 1990 ernährungsphysiologische Qualitätsstandards verpflichtend. Diese sehen auch den Einsatz von ökologisch produzierten Lebensmitteln vor, zudem ist ein landesweites Monitoring vorgeschrieben. Mit dem Erlass eines Schulernährungsgesetzes wurde 2009 ein rechtlicher Rahmen für das Programm geschaffen, mit dem kostenlose Kita- und Schulmahlzeiten als ein universelles Recht für alle Kinder in öffentlichen Einrichtungen gelten.

Reichweite und Kosten

Die Reichweite des Programms beträgt 100 %, das heißt, alle Kinder in Brasilien erhalten täglich kostenloses Kita- und Schulessen an durchschnittlich 200 Tagen im Jahr:

  • Insgesamt profitieren 40 Millionen Kinder und Jugendliche unabhängig von ihrem sozio-ökonomischen Status.
  • Je länger die Kinder sich täglich in Schule oder Kita aufhalten oder dort betreut werden, desto mehr Mahlzeiten werden zur Verfügung gestellt (bis zu 3 am Tag).
  • Je nach Schultyp kosten die Mahlzeiten zwischen 1,64 und 4,48 Brasilianische Real, das entspricht umgerechnet etwa 0,20 bis 0,70 Euro.
  • Die Finanzierung beläuft sich auf ein Gesamtvolumen von umgerechnet etwa 799 Millionen Euro, von denen der Bund 31 % trägt. Der überwiegende Teil wird von den Bundesstaaten bzw. den Kommunen finanziert.
  • Für die Organisation der Verpflegung sind die Kommunen verantwortlich. Die Versorgungsmodelle sind ähnlich heterogen wie in Deutschland. So gibt es unter anderem kommunal oder extern betriebene Zentralküchen, selbstkochende Einrichtungen oder Mischmodelle.
  • Es müssen mindestens 30 % der Bundesmittel für den Kauf von Lebensmitteln von regionalen Familienbetrieben aufgewendet werden.

Good Practice: Lessons learned

Das Praxisbeispiel wurde von Wissenschaftler*innen der Fakultät für öffentliche Gesundheit der Universität São Paulo aufbereitet. Die Fachleute sehen durch das Programm einen Gewinn weit über die reine Versorgung hinaus. Zu den wichtigsten Ergebnissen zählen sie die Verringerung von Ernährungsunsicherheit, eine Verbesserung der Kinder- und Jugendgesundheit (u.a. höherer Verzehr von Obst und Gemüse, geringerer Verzehr hochverarbeiteter Lebensmittel) sowie eine Entwicklung gesunder Ernährungsgewohnheiten. Positive Auswirkungen zeigen sich auch in verbesserten schulischen Leistungen und geringeren Abbruchquoten. Das Programm stärkt darüber hinaus die regionale Landwirtschaft und fördert die sozioökonomische Entwicklung. Insgesamt sehen sie das Programm als eine grundlegende Strategie zur Förderung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Die Einbindung von Förderprogrammen in Gesetze sichert nach Auffassung von Fachleuten das langfristige Fortbestehen, auch z. B. bei Regierungswechseln.

Quellen

  • Slater, Betzabeth; Bicalho, Daniela; Nogueira, Rosana Maria; Viana, Regismeire; Rissatto Teixeira, Aline; Marchioni, Dirce; (2025) School Meals Case Study: Brazil [Estudo de caso de alimentação escolar: Brasil]. Working Paper. London School of Hygiene & Tropical Medicine, London. DOI: https://doi.org/10.17037/PUBS.04673383
  • 15. DGE-Ernährungsbericht (2024): Die Ernährungs- und Gesundheitssituation armutsgefährdeter Familien mit minderjährigen Kindern – Ergebnisse der Studie MEGA_kids. Publikation zum Download

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