Schüler backt in einer Schulküche Pfannkuchen.
Quelle: Anja Ruppel-Meinhardt

Für das Leben lernen: Schulessen frisch kochen für die ganze Schule

Mit einem ausgefeilten Konzept sorgen die 70 Schüler*innen der Haidefeldschule im hessischen Main-Kinzig-Kreis selber für ihre Mittagsverpflegung. Jahrgangsübergreifende Teams kochen jeden Schultag frisch – Berücksichtigung von Qualitätsstandards inklusive.

Im Dorf Hettersroth in der Gemeinde Birstein besuchen etwa 70 Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 17 Jahren die Haidefeldschule mit dem Förderschwerpunkt Lernen. „Das Lernen lernen“, so lautet die Überschrift des Schulprogramms, mit dem die Schule vor allem Schlüsselkompetenzen zur Orientierung in der Lebens- und Arbeitswelt vermittelt. Für die Schüler*innen ist deshalb neben Mathe und Deutsch auch die Berufsorientierung ein Hauptfach, in dem sie mögliche Berufswege kennenlernen und erste Praktikumserfahrungen machen können.

Lernort Küche nutzen

Weil die Schule aufgrund der sehr ländlichen Lage wenig Anbindung an Handwerks- und Ausbildungsbetriebe hat, entstand 2019 die Idee, die Schulverpflegung durch die Schüler*innen selbst herstellen zu lassen. Die Ganztagsschule wurde seinerzeit mit Warmverpflegung für das Mittagessen beliefert. „Unsere Leitfragen waren damals: Wie können wir es vermeiden, aus Thermoboxen zu essen? Und wie können wir gleichzeitig den Lernort Küche nutzen?“, blickt Schulleiterin Michaela Kaufmann zurück. „Hohe Praxisanteile erleichtern unseren Schüler*innen das Lernen. Das ist hilfreich, um das Leben zu verstehen und sich zurechtzufinden. Uns ist es wichtig, in der Schule auch ganz basale Fertigkeiten zu vermitteln, wie Gemüsesorten zu kennen, Maßangaben für Rezepturen zu verstehen oder mit einem Messer umzugehen.“

Schulessen: Wöchentlich wechselnde Kochteams

In Anja Ruppel-Meinhardt fand das Team der Haidefeldschule eine engagierte Fachkraft, die das Konzept wesentlich mitgestaltet hat. „Eine Kochwoche sieht bei uns so aus, dass sich Kinder aus allen fünf Klassen zusammenfinden und an vier Schultagen für das Schulessen verantwortlich sind. Unsere Teams bestehen aus 7-8 Schüler*innen, altersübergreifend von 6 bis 17 Jahren.“ Die große Altersspanne hat sich sehr bewährt, denn die Jüngeren lernen von den Älteren und manchmal auch umgekehrt. „Wir erleben in den Teams ein großes Miteinander und Wir-Gefühl. So schaffen wir die gestellten Aufgaben im eng gesteckten Zeitrahmen von 8 bis 14 Uhr.“ Die Kochteams werden von einer Küchenkraft unterstützt und sind für 50 bis 70 Mittagessen inklusive Desserts verantwortlich, außerdem für ein tägliches Frühstücksangebot. „Wir haben festgestellt, dass viele Kinder morgens ohne Frühstück in die Schule kommen und zappelig im Unterricht sitzen“, so Ruppel-Meinhardt.

DGE-Qualitätsstandard und Hygienebelehrungen

In einem Schulhalbjahr ist jede*r Schüler*in mindestens einmal an der Reihe. „Die Kinder sind begeistert und unheimlich stolz auf das, was sie leisten. Sie erleben sich als selbstwirksam und wir sehen, dass sie ihre Aufgaben viel aktiver bewältigen als etwa im Unterricht“, so Michaela Kaufmann. Den Speiseplan erarbeitet jedes Kochteam gemeinsam mit Anja Ruppel-Meinhardt für die Folgewoche auf Basis des DGE-Qualitätsstandards für die Verpflegung in Schulen. „Die Kinder dürfen ihre Wünsche äußern und wir erarbeiten dabei Regeln für eine gesunde Ernährung. Nur das Budget setzt uns manchmal Grenzen, aber die Kinder lernen, aus frischen Lebensmitteln leckere Speisen herzustellen.“ Bestellt wird möglichst regional und als Bio-Ware, ein örtlicher Supermarkt liefert wöchentlich an und es besteht eine enge Zusammenarbeit mit einem örtlichen Landwirtschaftsbetrieb – auch in diese Routinen sind die Kinder eingebunden, die damit Einblick in betriebswirtschaftliche Vorgänge bekommen. Aus dem Schulgarten wird Gemüse tagfrisch geerntet und in der Schulküche verarbeitet.

Aktiv Unterstützung gesucht

Mit einer Expertin aus einem hessen-weiten Projekt erhielt die Schule über zwei Jahre fachliche Begleitung, die sie zur Umsetzung eines Allergen- und Hygienekonzeptes genutzt hat. „Im Rahmen dieser Beratung haben wir unsere Küche technisch aufgestockt und aus einer reinen Lehrküche eine Schulküche gemacht“, erklärt Anja Ruppel-Meinhardt. Eine gute Kooperation besteht mit dem Gesundheitsamt, so dass alle Kinder und Jugendlichen die notwendigen Hygiene- und Infektionsschutzbelehrungen erhalten. Mit der hessischen Vernetzungsstelle Schulverpflegung steht Anja Ruppel-Meinhardt in gutem Kontakt. „Ich habe dort viele Fortbildungen zum Thema Schulverpflegung absolviert“, so Ruppel-Meinhardt, der auch Nachhaltigkeitsaspekte wie eine pflanzenbasierte Ernährung und Lebensmittelwertschätzung wichtig sind.

Kleine Unternehmer*innen jeden Tag

Jeder Koch-Tag beginnt mit einer Teamsitzung, um den vorherigen Tag zu reflektieren. „Das läuft sehr sozial ab, die Kinder erleben sich als Teil eines Teams, das für eine Aufgabe gemeinsam verantwortlich ist. Auch wenn es manchmal stressig ist und Kinder „kündigen“ wollen, sind sie am nächsten Tag wieder begeistert dabei. Ohne dieses Miteinander würde das nicht funktionieren“, zeigt sich Anja Ruppel-Meinhardt überzeugt. „Wir haben das Projekt in der Schulkonferenz und im Elternbeirat besprochen, dort findet das große Zustimmung. Mit dem Main-Kinzig-Kreis haben wir einen tollen Schulträger, der uns sehr unterstützt“, betont Michaela Kaufmann. Mit 3,50 Euro pro Mittagessen steht die Haidefeldschule vergleichsweise günstig da. „Wir sparen nicht nur Personalkosten, vor allem haben wir einen enormen pädagogischen Gewinn. Alle sind beim Essen viel aufgeschlossener geworden, probieren und essen gern. Selbst gekocht schmeckt es eben am besten“, fasst die Schulleiterin zusammen. Ihre Empfehlung an andere Schulen: „Einfach mal anfangen, auch mit einer Lehrküche lässt sich viel mehr machen, als man denkt.“

Kontakt

Haidefeldschule Hettersroth
Rektorin Michaela Kaufmann
Ganztagskoordinatorin und Verpflegungsbeauftragte Anja Ruppel-Meinhardt
63633 Birstein – Hettersroth
E-Mail: poststelle-haidefeld@schule.mkk.de